Lager Schleißheim
| Regierungsbezirk | Oberbayern |
|---|---|
| Landkreis | München |
| Plz/Ort | Hochbrück |
| Straße | Kirchstraße |
| Kategorie | Nationalsozialismus - KZ-Außenlager |
| Suchbegriffe | SS, Arbeitslager, Todesmarsch |
| Jahr | 2023 |
DAS „LAGER SCHLEIßHEIM“ DER SS IN HOCHBRÜCK 1933–1945
Der heutige Ortsteil Hochbrück entstand aus dem „Lager Schleißheim“. In den Jahren 1933–1945 hatte die SS hier ein Barackenlager, ab 1939 als Berufsschule. Häftlinge aus dem KZ Dachau mussten Zwangsarbeit leisten. Nach 1945 zogen Flüchtlinge und Heimatvertriebene in die Baracken und bauten Hochbrück auf.
DAS SS-LAGER
1918 baute die südlich gelegene Munitionsanstalt (MuA) der bayerischen Armee nördlich des Kanals, zwei Richtern Bunker, in denen dann die Dynamit A.G. Sprengstoff lagerte. 1933 schenkte die Firma dem Reichsführer SS Heinrich Himmler das Grundstück.
Die SS errichtete ein “Wehrlager” (ab 1934 aus Österreich geflüchtete SA-Männer und kaufte 1936 die „Bergbräu“, gegenüber der Lagerzufahrt. Lagerführer war ein alter SS-Sturmbannführer). Die Baracken dienten der „Vorschul- und Vorschriftenausbildung“ der SS-Männer, die von hier in andere Lager zogen. 1939 wurde das Lager mit einem Zaun militärisch gesichert. In den folgenden Jahren diente das Lager auch wieder der Betonbrücke über den Schleißheimer Kanal.
DIE KZ-HÄFTLINGE
Häftlinge aus dem KZ Dachau mussten im SS-Lager Zwangsarbeit leisten: erst beim Aufbau des Lagers, dann als Küchenhilfen, später in den Baracken des Schulhauptlagers. Sie verrichteten handwerkliche Arbeiten wie Kochen und Putzen. Die Häftlinge, darunter ein katholischer Priester, ein Tscheche, ein polnischer Bauer, ein als „Zigeuner“ verfolgter junger Mann und ein „Schutzhäftling“, wohnten in einer Baracke, die abgetrennt vom übrigen Lager war. Von hier aus wurden sie zu Arbeitsdiensten abkommandiert.
Die Baracken des Lagers waren nach 1945 noch bewohnt. Die SS hatte das Lager zuvor verlassen. In den Baracken wohnten Heimatvertriebene, „Schutzsuchende“, ein katholischer Priester und andere, die von hier aus Hochbrück aufbauten.
DIE BEFREIUNG
Am 1. Mai 1945 befreiten Soldaten der US Army die letzten Häftlinge. Zunächst wurden sie von Garchinger Bürgern versorgt, später kehrten sie in ihre Heimatländer zurück. Einige waren psychisch und physisch schwer gezeichnet. Die Bunker wurden nach dem Krieg gesprengt, das Gelände renaturiert. Auf dem Areal entstand eine landwirtschaftliche Schule. Der Garchinger Ortsteil Hochbrück entstand.
DIE FOLGEN
Einige befreite Häftlinge konnten an ihren Heimatort zurückkehren, andere wurden weltweit verstreut, weil nach dem Krieg eine Rückkehr nicht möglich war. Erst in den 1970er Jahren wurden ehemalige Häftlinge als Zeugen befragt und ihnen Wiedergutmachungszahlungen geleistet. Auch einzelne ehemalige SS-Lagerführer und Kommandoführer wurden verhört, ohne Folgen. Das SS-Schulhaus wurde 2022 abgerissen. Der Gedenkort soll an die Häftlinge erinnern.
DER GEDENKORT
Am 21. Juli 2022 beschließt der Garchinger Stadtrat, einen Gedenkort zu schaffen, der an die Häftlinge erinnern soll, die im damaligen SS-Lager Zwangsarbeit leisten mussten. Nach einer Ausschreibung entschied sich der Stadtrat am 26. Januar 2023 für den Entwurf der Bildhauerin Lioba Leibl.
----
Ferdinand Habel, ein „Schutzhäftling“,
geb. 1902 in Soos, Niederösterreich. Im September 1939 aus politischen Gründen von der Gestapo in Wien verhaftet, KZ Sachsenhausen, KZ Dachau, 1942 als Facharbeiter bei den Bauarbeiten im „Lager Schleißheim“, dann in München, aus der Haft entlassen und zur Wehrmacht eingezogen.
Hermann Kreutz, ein „Zigeuner“,
geb. 1923 nahe Düsseldorf. Als „Asozialer“ verhaftet und mit seiner Familie ins KZ Auschwitz deportiert, dann mit seinem Bruder ins KZ Natzweiler (Elsaß) verlegt, dort Fleckfieber-Versuche, allein weiter ins KZ Dachau, von dort ins „Lager Schleißheim“. Im März/April 1945 muss er bei der Anlage einer Rollbahn auf der „Garchinger Heide“ nahe Dietersheim arbeiten, unter Fliegerbeschuss, dann zu einem Evakuierungsmarsch getrieben, von US-Soldaten befreit.
Nach 1945 Lkw-Fahrer, sieht seine Familie nicht wieder.
Josef Czempiel, ein polnischer Priester,
geb. 1883 in Josephsthal, Oberschlesien. Wohnt in Bismarckhütte, wird am 14.4.1940 von der Gestapo verhaftet, aus Kattowitz ins KZ Dachau gebracht, von Mai bis Dezember 1940 im KZ Mauthausen, wieder in Dachau, zeitweise im „Lager Schleißheim“. Am 4. Mai 1942 mit einem Invalidentransport ins Schloss Hartheim bei Linz überführt, stirbt dort am 19. Juni 1942, wahrscheinlich ermordet zusammen mit Patienten aus „Irrenanstalten“ im Zuge der Euthanasieaktionen in Hartheim.
Jan Kraska, ein polnischer Arbeiter,
geb. 1914. Im Oktober 1939 in Kattowitz verhaftet, weil er einem Jugendbund angehört, Gefängnis, KZ Mauthausen, ein gescheiterter Fluchtversuch, Juli 1940 ins KZ Dachau, davon 1942/43 im „Lager Schleißheim“, Ende April 1945 von den Amerikanern befreit.
Jaroslav Klesa, ein Tscheche,
geb. 1921 in Pilsen, Tschechoslowakei, Beruf Melker, römisch-katholisch. KZ Dachau, längere Zeit im „Lager Schleißheim“, für Putzarbeiten eingesetzt, zu einer geheimnisvollen Mission nach Österreich mitgenommen, kann fliehen und nach 1945 nach Australien auswandern. Schreibt dort ein Buch über seine Erlebnisse: „Dachau Calling“, 1986.
Quelle: Infotafel vor Ort