KZ-Friedhof - Neumarkt in der Oberpfalz

Plz/Ort Neunburg vorm Wald
StraßeAmberger Straße
KategorieNationalsozialismus - KZ-Friedhof
PersonenKZ-Friedhof

Tafel 1

Kriegsgräberstätte Neumarkt i.d.OPf.


Liebe Besucherin, lieber Besucher,
herzlich willkommen auf der Kriegsgräberstätte Neumarkt i.d.OPf.

 

Die heutige Große Kreisstadt Neumarkt erlebte noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs schwere Kämpfe. Die Innenstadt wurde zu einem Trümmerhaufen, nur 9 % der Häuser überstanden die Bombenangriffe mehr oder weniger beschädigt. Dank des schnellen Wiederaufbaus zeigt die Stadt heute nahezu wieder ihr altes Gesicht.

Während des Krieges befand sich ab 1942, weniger als 1 km von hier entfernt, ein Durchgangslager für Zwangsarbeiter, vorwiegend aus osteuropäischen Ländern, aber auch für internierte italienische Soldaten und zwangsumsiedelte Slowenen. Viele starben an Epidemien und fanden ihre letzte Ruhestätte auf diesem Grundstück. Mit den im August 1942 einsetzenden Begräbnissen beginnt die Geschichte des Friedhofs und der späteren Kriegsgräberstätte am Föhrenweg. Bei Kriegsende im April 1945 zählte man 1192 Tote, bis zur Auflösung des Lagers im August 1949 kamen weitere 216 Tote dazu.

Mitte der 1950er Jahre wurden 96 ausländische Kriegstote des Ersten Weltkriegs vom Städtischen Friedhof St. Jobst hierher umgebettet. 1957 folgten die im Zweiten Weltkrieg gestorbenen 221 russischen Zwangsarbeiter aus dem sog. Reservelazarett II (Mühlstraße 2, heute 17), die zunächst zwischen Mühlstraße und Amberger Straße bestattet waren.

Ebenfalls in dieser Zeit beschloss die Bayerische Staatsregierung, in Zusammenarbeit mit der Stadt Neumarkt und dem Landesverband Bayern im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. die Grabanlage am Föhrenweg zu einer Sammelanlage umzubauen. So wurden die in über 300 bayerischen Gemeinden in Feldgräbern und provisorischen Grablagen ruhenden Ausländer, meist aus Russland, Polen, Jugoslawien und Rumänien, hierher umgebettet. Auf der Friedhofsanlage ruhen auch litauische, lettische und estnische Soldaten, die im Zuge der Okkupation ihrer Staaten zwangsweise in die Armee der Sowjetunion eingezogen wurden. Am 19. Oktober 1966 wurde in einem Festakt die Betreuung der Kriegsgräberstätte am Föhrenweg der Stadt Neumarkt übertragen.

Im Eingangsbau, vor dem Sie stehen, zeigen zwei Reliefs, aus welchen Gemeinden Bayerns die Toten gekommen sind und wo Sie die Grabfelder finden. Eine Tafel aus dem Jahr 2011 erinnert an weitere Lager in Neumarkt und ausländische Tote bei Bombenangriffen. Ein Besucherbuch fordert Sie zu Eintrag und Lektüre auf.

Bronzetafeln auf liegenden Pultsteinen aus Granit geben Ihnen Auskunft über Namen und Daten der hier ruhenden 5049 Toten, wobei 1052 Bestatteten kein Name mehr zugeordnet werden konnte. Der Weg führt Sie zum zentralen Mahnmal: drei parallel stehende gewaltige Stein-Scheiben mit der schlichten Inschrift:

„Leid und Opfer der Toten brenne als Mahnung in unseren Herzen“

Alter Baumbestand umgibt die Grabfelder, Findlinge aus der Eiszeit sollen von der Entstehung der Landschaft zeugen. Denken Sie beim Gang über diesen Friedhof daran, dass Kriegsgräberstätten aller Nationen einen Beitrag zur Versöhnung zwischen den Völkern leisten und ein Leben in Freiheit und Menschenwürde sichern sollen. Die Achtung vor dem Menschen, auch dem toten, soll als Erbe unserer abendländischen Kultur Verpflichtung für uns alle sein.

Die Stadt Neumarkt und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge danken für Ihren Besuch, Ihr Interesse und Ihr Mitwirken an der Versöhnung der Völker.

NEUMARKT
STARKE STADT

Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
Landesverband Bayern
Arbeit für den Frieden

Tafel 2

strong>Wenn Steine reden könnten

So friedlich diese Kriegsgräberstätte auch in die umgebende Parklandschaft eingebettet ist, so schrecklich sind die Schicksale der Menschen.

Kriegsgefangene ruhen neben Zwangsarbeitern, dazwischen 447 Frauen und 287 Kinder.

Sie alle starben fern ihrer Heimat bei uns in Bayern. Es sind alte und junge Menschen. Es sind Vertriebene aus der damals eingedeutschten Krain, die sich nicht zum Deutschtum bekennen wollten und hier interniert waren. Nach dem gewonnenen Krieg sollten sie in den Osten umgesiedelt werden, während man die dienstfähigen Männer zur deutschen Armee gepresst hatte. Ihre Grabstätten finden wir rechts des Hauptweges.

In dem großen Grabfeld links des Hauptweges liegen vor allem russische Kriegsgefangene. Mit mehr als 3000 Toten ist es die größte Gruppe, was auch im Namen „Russenfriedhof“ zum Ausdruck kommt.
Sie starben in den Gefangenenlagern an Unterernährung und Seuchen, sie starben entkräftet an den Straßenrändern auf den Elendszügen aus dem Westen vor den heranrückenden Alliierten, denn sie durften nicht in die Luftschutzkeller. Sie wurden erschlagen, erschossen oder aufgehängt.

Viele von ihnen verloren nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Namen.
Sie waren Nummern im unerbittlichen Getriebe des Dritten Reiches – ohne Rechte, nur zur Ausbeutung ihrer Arbeitskraft missbraucht. Sie waren die Ausgestoßenen – oft im freien Feld oder am Rande der Friedhofsmauern begraben. Nur über wenige der 5049 Toten wissen wir, wie ihre letzte Stunde war:

➞ Da stirbt bei einem der letzten Bombenangriffe auf Ingolstadt am 1. März 1945 die „Ostarbeiterin“ Katharina Stecko mit ihren beiden Kindern Eugenie (16 Jahre) und Peter (12 Jahre). Grablage rechts des Hauptweges, 2. Plattenblock

➞ Die ganze Tragik des Krieges zeigt das Schicksal eines namentlich unbekannten Russen, der während des Krieges auf deutscher Seite als Dolmetscher arbeitet. Ihn erwartet nach Kriegsende in der damaligen Sowjetunion der Prozess als Kollaborateur. Er entzieht sich der Verantwortung durch Erhängen. Grablage unter den Unbekannten links des Hauptweges.

➞ Der polnische Zivilarbeiter Nicolaj Zwacko entflieht wegen dauernder Schikanen seines Bauern von einem Hof in Mittelfränkischen. Im erhaltenen Protokoll steht in dürren Worten: „Bei seiner Verhaftung wegen Widerstandes gegen Gendarmeriebeamten erschossen.“ Grablage im Polenblock links des Hauptweges.

➞ Im Kreis Vilshofen wird eine Gruppe kriegsgefangener russischer Offiziere über die Landstraße nach Südosten getrieben. Kurz vor ihrer Befreiung durch die nachstoßenden amerikanischen Truppen werden alle 21 erschossen. Die Namen dieser Toten sind bis heute unbekannt. Grablage in Reihe 5 links des Hauptweges.

➞ Am 26.01.1943 wird der flüchtende Kriegsgefangene Kirill Tscherkassin am Bahndamm bei Warngau in Oberbayern von Wachposten des Stalag VII erschossen. Er wird an Ort und Stelle verscharrt. Grablage in Reihe 5 links des Hauptweges.

➞ In Thuisbrunn im Kreis Forchheim läuft bei der Eroberung durch die Amerikaner der „Ostarbeiter“ Josef Gregorek freudestrahlend den Befreiern entgegen. Eine MG-Garbe aus einem amerikanischen Panzer tötet ihn in seinem glücklichsten Augenblick. Grablage im Polenblock links des Hauptweges.

Quelle: Infotafel vor Ort

Text Gedenktafel

IM GEDENKEN
AN DIE KRIEGSGEFANGENEN,
DIE IM 2. WELTKRIEG
IN NEUMARKT
IN DER MÜHLSTRASSE 3
UMGEKOMMEN SIND

Zum Zeitpunkt der Befreiung durch die
Alliierten im Jahre 1945 war es für mehr
als 500 Kriegsgefangene, die im Gebäude
Mühlstraße 3 von den Nationalsozialisten
über Jahre gefangen gehalten wurden,
infolge von Unterernährung und Krankheit
für eine Rettung zu spät.

IM GEDENKEN
AN DIE ZWANGSARBEITER,
DIE AM 23. FEBRUAR 1945
IN NEUMARKT
BAHHOFSNÄHE
UMGEKOMMEN SIND

In den letzten Kriegswochen wurde die
Stadt Neumarkt durch Bombenangriffe
schwer geschädigt. Bei einem Angriff im
Februar 1945 wurden auch 74 russische
Zwangsarbeiter getötet, die von den
Nationalsozialisten nur ungenügend vor
Luftangriffen geschützt wurden.