Mahnmal Todeszug
| Plz/Ort | Poing |
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| Suchbegriffe | Todeszug, Todesmarsch |
| Inschrift | 27. April 1945 Erinnerung an die in Poing zu Tode gekommenen KZ-Häftlinge. Am 29. Oktober 2009 hat der Gemeinderat Poing die Errichtung Albert Hingerl, Erster Bürgermeister Text der Infotafeln (April 2025) DER MÜHLDORFER „TODESZUG“ UND DAS MASSAKER VON POING Am 25. April 1945 begann die SS aufgrund der vorrückenden US-Truppen mit der Räumung des KZ-Außenlagerkomplexes Mühldorf. Etwa 3.640 KZ-Häftlinge des Lagers, welche zuvor Zwangsarbeit zum Bau einer Bunkeranlage verrichten mussten, sollten per Eisenbahn über München in Richtung Süden verbracht werden. Der Zug war nicht als Häftlingstransport erkennbar und wurde mehrfach von alliierten Tieffliegern angegriffen. Nach tagelanger Fahrt trennte man den Zug in München. US-Soldaten befreiten am 29. April einen Teil des Zuges in Tutzing. Am Folgetag konnten die übrigen KZ-Häftlinge in Seeshaupt aus dem zweiten Teil befreit werden. Mindestens 155 Menschen starben aufgrund unzureichender Versorgung, Tieffliegerbeschuss und Erschießungen durch die SS. Überlebende bezeichneten den Zug später als „Todeszug“. In Poing verübten die SS-Wachmannschaften am 27. April 1945 ein Massaker. Eine Tieffliegerwarnung hatte einen Tag zuvor den Zug gestoppt. Auf Druck der ausgehungerten und auf engstem Raum zusammengepferchten KZ-Häftlinge öffneten die SS-Wachmannschaften zunächst die Waggons. Einzelne Gefangene und Bewacher flohen. Kurz darauf trieben Soldaten einer Luftwaffeneinheit, SS-Angehörige und Zivilisten die KZ-Häftlinge zurück in die Züge. Mindestens 50 KZ-Häftlinge wurden dabei erschossen und 200 weitere verletzt. Einzelne Häftlinge versteckten sich in umliegenden Scheunen und wurden teilweise von Anwohnern versorgt. Zwei Tage später erreichten US-Soldaten die Geflüchteten und versorgten diese. Der Zug setzte am Morgen des 28. Aprils die Fahrt in Richtung München fort. Über den „Todeszug“ berichtete der polnische Shoah-Überlebende Ernst Israel Bornstein 1967: „Mit aufgepflanztem Gewehr trieben sie uns gruppenweise zusammen und jagten uns zu unseren Waggons zurück. Auf dem ganzen Weg vom Dorf Poing bis zum Bahnhof lagen unsere toten und verwundeten Kameraden, die bei dieser Hetzjagd auf der Strecke geblieben waren […].“ KZ-AUSSENLAGERKOMPLEX MÜHLDORF In der Endphase des Zweiten Weltkriegs sollte im Waldgebiet Mühldorfer Hart eine bombensichere Fertigungsstätte für Kampfflugzeuge errichtet werden. Mit dieser Bunkeranlage und fünf Häftlingslagern entstand hier der zweitgrößte Außenlagerkomplex des KZs Dachau. Für das gigantische Bauprojekt mit dem Decknamen „Weingut I“ wurden Tausende zivile Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in den Landkreis Mühldorf verschleppt. Die meisten der über 8.300 KZ-Häftlinge – darunter 800 Frauen – waren Juden und stammten aus Ungarn. Sie waren ab Mai 1944 in das KZ Auschwitz verschleppt und dort für die Zwangsarbeit im Reichsgebiet selektiert worden. Die KZ-Häftlinge wurden zu schwersten Bauarbeiten gezwungen, ihre Unterkünfte waren primitiv, sie litten an Hunger und Krankheiten und waren permanenten Schikanen durch die SS oder ziviles Personal ausgesetzt. Etwa die Hälfte der meist jüdischen KZ-Häftlinge starb vor Ort an den katastrophalen Verhältnissen, nach der Deportation in ein Vernichtungslager oder auf Todesmärschen. Der Bunker wurde nicht fertiggestellt und nach dem Krieg gesprengt. |
Am 27. April 1945 erreichte ein Güterzug mit etwa 3.000 bis 4.000 Häftlingen aus dem Konzentrationslagerkomplex Mühldorf den Bahnhof des Ortes Poing im Landkreis Ebersberg. Der Transport war Teil der letzten Räumungsmaßnahmen der nationalsozialistischen Konzentrationslager in den letzten Kriegstagen. Ziel war ursprünglich der Raum Tirol bzw. die sogenannte "Alpenfestung". Der Zug wurde jedoch in Poing auf ein Nebengleis abgestellt, da die Weiterfahrt blockiert oder logistisch nicht mehr möglich war.
Die im Zug befindlichen Häftlinge – fast ausschließlich jüdische Männer – befanden sich in einem katastrophalen körperlichen Zustand. Viele waren stark unterernährt, geschwächt, verletzt oder krank. Einige Tote lagen bereits in den Waggons. Nach Zeugenaussagen wurde den Häftlingen nach Ankunft in Poing von einem Mitglied der Wachmannschaft mitgeteilt, sie seien frei und könnten sich entfernen. Dies führte dazu, dass sich viele Gefangene in Richtung Dorf begaben, teils auf der Suche nach Wasser, Nahrung oder Zuflucht. Einzelne drangen auf Bauernhöfe vor oder versuchten, Lebensmittelvorräte zu erreichen.
Kurze Zeit später kam es zu einem massiven und gewaltsamen Zugriff durch bewaffnete Einheiten, bestehend aus Angehörigen der Flak, Polizisten, Hitlerjugend und bewaffneten Zivilisten aus der Umgebung. Die Häftlinge wurden unter Anwendung von Gewalt – auch durch Schusswaffen und aufgepflanzte Bajonette – zurück zu den Waggons getrieben. Zeitzeugen berichteten von zahlreichen Erschießungen und Misshandlungen entlang des Weges zurück zum Bahnhof. Die Zahl der dabei Getöteten ist nicht genau zu beziffern, lag jedoch mindestens im zweistelligen Bereich.
Besonders eindrücklich ist der Bericht des Überlebenden Dr. Ernst Israel Bornstein, der schildert:
"Mit aufgepflanztem Gewehr trieben sie uns gruppenweise zusammen und jagten uns zu unseren Waggons zurück. Auf dem ganzen Weg vom Dorf Poing bis zum Bahnhof lagen unsere toten und verwundeten Kameraden. [...] Wer nicht schnell genug vorwärtskam, wurde erstochen oder erschossen."[2]
Ein weiterer Überlebender, Jenö Sáfár, gab an, es sei zu einer "Dezimierung" gekommen: Jeder dritte Mann der zurückgeführten Gruppe sei systematisch erschossen worden.
Am darauffolgenden Tag, dem 28. April 1945, wurde der Zug von alliierten Tieffliegern angegriffen. Dabei wurde die Lokomotive zerstört, und es kam erneut zu mehreren Toten und Verletzten unter den Gefangenen, die sich noch in den Waggons befanden. Hinweise deuten darauf hin, dass die Piloten den Zug für ein militärisches Ziel hielten und nicht wussten, dass sich darin KZ-Häftlinge befanden.
Am 30. April 1945 wurde der Zug schließlich in der Nähe von Seeshaupt am Starnberger See durch Einheiten der US-Armee befreit. Die Überlebenden wurden medizinisch versorgt und befragt. Zahlreiche Häftlinge hatten die letzten Tage des Transports nicht überlebt – entweder infolge von Gewalt, Hunger, Krankheit oder durch den Luftangriff.