Nationalsozialismus

Todesmärsche in Bayern – Quellen

Aussage von Dawid Frenkel

AUSSAGE

Ich, Frenkel Dawid, geb. 28.2.1902 in Tarlow/Polen, wohnhaft D.P. Camp Feldafing, Bl. 5 b, Zimmer 4, mache hiermit folgende Aussage:

Ich bin am 2. Mai 1945 in Seeshaupt befreit worden.

Zwei Tage vor der Befreiung hat der Transportführer zu uns gesagt (SS-Mann), dass wir Häftlinge frei seien und gehen könnten, wohin wir wollten. Der Transport enthielt ca. 1500 Mann, die in Güterwagen untergebracht waren. Als wir dies seitens des SS-Manns hörten, verstreuten wir uns in die umliegenden Wälder und die SS-Männer hatten die Gewehre weggeworfen.

Aber nach ca. 3 Stunden (es ging schon gegen Abend) hörten wir plötzlich Schießen. Als wir uns umsahen, sahen wir auch zwei große Lastwagen, welche mit unseren SS-Wachmännern besetzt waren, die dicht hinter uns. Die SS-Wachmänner riefen uns zu: „Hände hoch!“ Diese Häftlinge, die gerade mit mir zusammen waren, musste alle auf diese Autos und wir wurden zurück zum Bahnhof Seeshaupt gefahren. Aber ca. 1 km vor dem Bahnhof erhielten wir den Befehl, die Lastautos zu verlassen und mussten zu Fuß bis zum Bahnhof marschieren. Die begleitenden SS-Männer schlugen uns bei dieser Gelegenheit mit den Gewehrkolben und trieben uns an.

Als wir zum Bahnhof bzw. Bahnsteig kamen, stand eine lange Reihe deutscher Jungen von ca. 15 Jahren, bewaffnet mit Pistolen, dicht dahinter eine Reihe Flieger, ebenfalls bewaffnet, und wiederum dicht hinter diesen eine Reihe unserer SS-Wachmänner. Zwischen diesen Reihen waren schmale Gassen, sodass nur ein Mann durchgehen konnte. Durch diese Gassen hatten wir durchzugehen und sämtliche in diesen Reihen stehende Bewaffnete schossen auf uns.

Inzwischen wurden auch diejenigen Häftlinge, die sich in den Wäldern versteckt hatten, herbeigebracht und hatten ebenfalls durch diese Reihen zu gehen. Es wurde mit ihnen genauso verfahren, wie vorher mit uns.

Auf diese Art hat es sehr viele Tote gegeben und zwar so viele, dass, wie man später sah, von diesen zwei Güterwagen ganz gehäuft voll waren. Von den beigebrachten Verwundungen durch das Schießen starben nachts auch noch viele.

Die am Leben gebliebenen wurden zurück in die Waggons geladen. Wir standen in den Waggons ohne Essen und Trinken noch einen Tag und eine Nacht, bis am 2.5.45, morgens zwischen 9–10 Uhr die Amerikaner kamen und uns befreiten.

Wir wurden dann in einer Schule in Seeshaupt einquartiert.

Durchgelesen und eigenhändig unterschrieben:

Frenkel Dawid


Datum Ereignis02.05.1945
Datum Bericht00.00.0000
EreignisAussage von Dawid Frenkel
PLZ / Ort82402 Seeshaupt
Quelle https://digitalcollections.its-arolsen.org/050301/content/zoom/298530

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