Todesmärsche in Bayern – Quellen
Todesmarsch von KZ-Gefangenen
Stadtpolizei
Fürstenfeldbruck
Tgb.-No 4454
Fürstenfeldbruck, den 24.11.1946
An
den Herrn Bürgermeister der Stadt
Fürstenfeldbruck
Betrifft: Todesmarsch von K.Z.-Gefangenen
Zur Sache kann ich als Augenzeuge folgendes berichten:
Am 27. April 1945, um die Mittagszeit, bewegte sich ein sehr langer K.Z.-Gefangenenzug auf dem Fußmarsch, bewacht von deutschen Soldaten, durch unsere Stadt. Es mögen bestimmt 500 Personen, teils in K.Z.-Kleidung und teils in sonstige Lumpen gehüllt, gewesen sein, die alle Holzschuhe als Fußbekleidung hatten, und weil vollkommen ausgehungert, sich nur mühsam dahinschleppten. Der Zug bot ein herzzerreißendes Bild. Er kam aus Richtung Landsberg a/Lech, passierte unsere Stadtmitte, und marschierte Dachau zu.
Zwischen 14 und 15 Uhr des gleichen Tages kamen zwei Bauernwagen mit Pferden bespannt aus der gleichen Richtung und hielten zur Gespannsauswechslung hier an der Schöngeisingerstraße (Einmündung zur Hauptstraße) an. Auf diesen beiden Wägen befanden sich etwa 60 K.Z.-Gefangene (Juden, männlich und weiblich), die, wie mir der transportführende Unteroffizier sagte, krank seien oder nicht mehr gehen können.
Dieser U.O., welcher mir unbekannt war, gab mir weiter kund, dass auf dem Marsch hierher von den Gefangenen schon welche verstorben seien, deren Leichen sie an Ort und Stelle vergraben haben. Wo diese Leichen vergraben worden sind, und wieviel, konnte ich von ihm nicht in Erfahrung bringen.
Dieser U.O. war furchtbar erregt, weil Zivilisten und einige deutsche Soldaten den Gefangenen Brot verabreicht haben, so dass ich mit ihm nicht weiter sprechen konnte.
Schließlich rollten die beiden Wägen ohne Gespannsauswechslung in Richtung Dachau ab. In Fürstenfeldbruck selbst ist keiner von den Gefangenen verstorben, und auch die Leiche eines solchen nicht beerdigt worden.
Sachdienliches das zur Ermittlung solcher Gräber führen könnte, kann ich nicht angeben.
Obwohl ich mich bei den Pferdelenkern nach dem Eigentümer der beiden Gespanne erkundigte, so weiß ich heute hierüber doch nicht mehr Auskunft zu geben, da ich mir hierüber keine Notiz gemacht habe. Ich selbst kam in Erregung, die zu einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Unteroffizier führte (Zeugen: Dirscherl Mich. und Frau Socher), sonst hätte ich sicher mehr in Erfahrung gebracht und hätte mir wenigstens die Namen der beiden Fahrzeughalter notiert, denn darüber war ich mir im Klaren, dass in Bälde eine Zeit kommen wird, in der zur Sache von mir Bescheid erhoben wird. Möglicherweise hat in der Ortschaft Emmering eine Gespannsauswechslung stattgefunden, denn die beiden Pferdelenker sträubten sich noch weiter zu fahren. In Emmering befinden sich die Anwesen der Pferdehalter Fuchsbichler und Seethaler an der Straße nach Dachau. Zutreffendenfalls wissen evtl. diese mit wem sie das Gespann ausgewechselt haben. Die Ermittlung der beiden Gespannslenker wäre von allergrößter Wichtigkeit, denn sie müssen Bescheid wissen, wenn Leichen von Gefangenen auf dem Landwege nach Fürstenfeldbruck begraben worden sind.
Die beiden Gespanne können nur von einer an der Strecke Landsberg a./L. – Fürstenfeldbruck gelegenen Ortschaft gewesen sein. Von Landsberg waren die Gespanne nicht. Es muss nach Landsberg in einer Ortschaft eine Gespannsauswechslung vorgenommen worden sein.
Dem Landrat Fürstenfeldbruck weitergeleitet.
Fürstenfeldbruck, den 25. November 1946
STADTVERWALTUNG
| Datum Ereignis | 00.00.0000 |
| Datum Bericht | 24.11.1946 |
| Ereignis | Todesmarsch von KZ-Gefangenen |
| PLZ / Ort | 82256 Fürstenfeldbruck |
| Quelle | https://digitalcollections.its-arolsen.org/050301/content/pageview/298846 |