Todesmärsche in Bayern – Quellen
Vernehmungsniederschrift KZ-Transport
LANDRATSAMT
Der Landrat
NABBURG
UNRRA-Suchstelle
Vernehmungsniederschrift
in Sachen eines durch Altendorf gezogenen Transports KZler.
Ermittelte Zeugen:
Anna Hanauer, geb. am 22.4.85, Bauerswitwe, wohnhaft in Altendorf Landkreis Nabburg und deren Tochter
Babette Hanauer, geb. am 21.3.25, gleiche Wohnadresse.
Beide, in ihrer Wohnung aufgesucht, gaben mir übereinstimmend auf Einvernahme an:
„Am Montag, den 23.4.45 war der Einmarsch der Amerikaner in Altendorf. Am Samstag vorher, also am 21.4.45 nachmittags etwa 3–4 Uhr kam ein Transport mit ca. 600 K Z lern zu Fuß aus Buchenwald in unseren Hof. Er kam aus der Richtung Willhof in Altendorf an und wurde am nächsten Tag in Richtung Neunburg v. W. weitergeleitet. Dieser Transport war von einer SS-Bewachungsmannschaft geführt. Darunter befanden sich verschiedene SS-Offiziere. Auch Frauen hatte die SS-Bewachung bei sich. Die Gefangenen wurden in unserem Garten rastend, dabei schossen die SS-Leute zuweilen in die Luft, scheinbar um die Gefangenen einzuschüchtern und zusammenzuhalten. Die Gefangenen wurden dabei auch von den SS-Leuten mit Stöcken geschlagen und äußerten, dass es diese Gefangenen nicht anders verdient hätten. Die Gefangenen ließen vom Düngerhaufen faule Kartoffeln auf und sie zu essen. Wir baten den Gefangenen Kartoffeln zu essen zu geben, aber das duldeten die SS-Leute nicht. Tochter Babette Hanauer tat dieses zuweilen heimlich. Die meisten Gefangenen hatten Verletzungen im Gesicht, einer hatte einen Schnitt am Hals.
Es kam da ein Gewitter und es regnete stark. Deshalb trieben die SS-Leute die Gefangenen in unseren Stadel. Zu essen bekamen die Gefangenen am Samstag nichts mehr. Am Sonntag früh mussten Gefangene einen Wagen voll Dorschen (Rüben?) bringen und davon bekamen immer 5 Mann zusammen eine Rübe. Als dann am Sonntag vor dem Abmarsch der Gefangenen, stellte sich heraus, dass 13 Gefangene fehlten. Sie hatten sich im Stadel versteckt gehabt. Während die einen SS-Leute den Transport in Bewegung setzten, suchten andere SS-Leute den Stadel ab und fanden noch 12 Gefangene. Sie trieben sie in unseren Garten und erschossen sie. Den 13. Gefangenen fanden sie nicht mehr. Als der Gefangenentransport fort war, etwa mittags, stand dann auf einmal der gesuchte Gefangene im Hof. Die SS-Wachmannschaften hatten befohlen, dass dieser Mann sofort gemeldet werden sollte falls er zum Vorschein käme. Es kam dann auch der Gemeindeposten, Fuhrer und Meister Teigl von Altendorf in unseren Hof und erklärte, dass er die Anordnungen der SS-Leute nicht durchzuführen gedenke und erklärte, den KZler für frei und gestattete, dass wir ihm zu essen gaben. Dieses taten wir außerdem und gaben ihm noch größeren Mundvorrat mit. Den Namen dieses KZlers haben wir nicht festgestellt. Dieser Mann hatte sich auch einige Tage im Warteraum des Bahnhofs Altendorf aufgehalten und dann haben wir nichts mehr von ihm gehört.
In unserem Hause mussten wir 4 SS-Männer verköstigen. Verschiedene übernachteten im Heustadel. Die übrigen SS-Wachmannschaften oder Offiziere und Frauen, welche sie mitführten, waren in verschiedenen Häusern in Altendorf einquartiert.
Wir bestätigen zum Schlusse, dass vorstehende Angaben den Tatsachen entsprechen und jederzeit eidlich erhärtet werden können.
Altendorf, den 16. Juni 1947
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:
Anna Hanauer
Babette Hanauer
| Datum Ereignis | 23.04.1945 |
| Datum Bericht | 16.06.1947 |
| Ereignis | Vernehmungsniederschrift KZ-Transport |
| PLZ / Ort | 92507 Altendorf |
| Quelle | https://digitalcollections.its-arolsen.org/050301/content/zoom/296402 |